Die Angst und was wir von ihr lernen können

Angst entsteht dort, wo die Balance zwischen Sicherheit und

Risiken nicht gegeben ist.

Angst ist eine Emotion, die bei vielen Menschen auftritt. Als urzeitliche Schutzfunktion treibt einem die Angst in die Flucht um Situationen zu vermeiden, die Verletzungen, Schmerz oder Tod zu Folge haben können. Dieses Gefühl kann fiktiv oder auch gegenstandsgerichtet sein, zum Beispiel auf ein bestimmtes Objekt oder eine ganz spezifische Situation. Es kann auch schon die bloße Vorstellung ausreichen, um erste körperliche Symptome zu spüren.

Typische Symptome sind neben Herzklopfen, Anstieg des Blutdrucks, schnelle Atmung bis zur Atemnot, Blässe oder Erröten, Durchfall, Übelkeit oder Ohnmacht.

Einerseits stellt einem die Angst möglicherweise Ressourcen zur Verfügung zum sofortigen Handeln, unter Umständen kann auch zunächst eine Art Lähmung (=Schockstarre) auftreten.

Ist die Angst Freund oder Feind?

Gerade im Bergsport ist die Angst ein nicht zu unterschätzender Faktor. Dieses Gefühl kann einen davor beschützen ein zu hohes Risiko einzugehen und dies eventuell mit dem Leben zu bezahlen. Angst kann aber auch wie eine Art Katalysator wirken und ungeahnte Kräfte in einem frei setzen. Die Konzentration wird geschärft, die Bedrohung kann zu einer Herausforderung werden, mit deren Bewältigung das eigene Selbstvertrauen gestärkt wird.

Der Einstieg auf die Hängebrücke war aufgrund meiner Körpergröße nicht ganz einfach. Jedoch vertraute ich auf meine Fähigkeiten und die Sicherung durch mein Klettersteigset und konnte die Stelle ohne Probleme überwinden.

Angst kann sich jedoch auch negativ und demotivierend auswirken, wenn man als Bergsportler keine geeignete Strategie zum Lösen des Problems hat (z.B. die Tour übersteigt das eigene Können zu sehr) Daraus entsteht sehr schnell Verzweiflung, Wut und Ärger, allenfalls auch Panik bis hin zur Handlungsunfähigkeit. In solchen Situationen dominieren auch die negativen Selbstgespräche und das Selbstvertrauen sinkt stark.

Das Individuum Angst

Als Bergsportler kennt man solche Situationen: der Kollege vor einem meistert die Schlüsselstelle, ohne zu zögern, man selbst steht davor und die Nervosität steigt in einem auf. Die Angst hängt sehr stark davon ab wie die persönliche Bewertung der vorliegenden Situation ist. Je schwieriger und ungewohnter das Bevorstehende ist und je weniger Kontrolle man darüber hat, desto stärker wird sie. Wie real das Problem ist, ist nicht essenziell dafür. Allein die Vorstellung von einem Sturz reicht aus, dass der Körper Stresshormone produziert.

Die Angst nutzen

Strategie anhand eines Fallbeispiels:

Ist-Situation

Du bist auf Skitour, vor dir ist ein unangenehmer Hang. Das Gelände ist etwas steiler, der Schnee wind-gepresst und glatt. Aufgrund der Steigung sind Spitzkehren unausweichlich. Sofort kommt der Gedanke ans Ausrutschen hoch und du verkrampfst dich.

Vorbereitung:

  • Beruhigen und entspannen durch Atemtechnik. Du atmest z.B. länger aus als ein.
  • Du erkennst dein negatives Selbstgespräch und versuchst dieses positiv zu formulieren. „Ich schaffe die Spitzkehre souverän“
  • Versuche deine Aufmerksamkeit auf die konkrete Situation zu lenken und blende die eigenen Befindlichkeiten aus.
  • Visualisiere die Spitzkehre wie du sie erfolgreich meisterst.

Lagebeurteilung:

  • Versuche eine möglichst objektive Einschätzung der Situation zu machen. Wie ist das Gelände, der Schnee, das Gefahrenpotenzial, deine Leistungsfähigkeit etc.

Handlungsoptionen eruieren:

  • Wie kannst du mit der Situation umgehen?
  • Bei objektiv berechtigter Gefahr ist die Thematisierung in der Gruppe essenziell. Steh zu deinen Ängsten, vielleicht gibt es eine anderen Routenverlauf auf den Gipfel
  • Bei objektiv unberechtigter Gefahr versuch deine Perspektive zu wechseln. Sieh es als willkommenes Training deine Fähigkeiten zu verbessern

Entscheiden und Handeln:

  • Triff deine Entscheidung und stehe dazu, lasse keine zweifelnden Gedanken mehr zu
  • Aktiviere dich durch eine Atemtechnik, führe eine Startroutine für deine Spitzkehren aus

Eine Schitour auf den Ampferstein, die Steilrinne die zu bewältigen war lag direkt vor uns. „Lasst die Spitzkehren-Party beginnen“ war mein Leitsatz.

Das Bergsteigen birgt auf jeden Fall viele reale Gefahren. Die Angst soll uns vor potenziellen Gefahren schützen, uns jedoch nicht im eigenen Handeln blockieren. Das Mentale Training setzt genau hier an, so dass wir auch in den schwierigen Situationen den bekannten kühlen Kopf bewahren können. Denn nicht die Angst kontrolliert unseren Kopf, sondern unser Kopf kontrolliert die Angst.

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Siehe unter folgendem Link: https://barbarasaxl.at/was-bedeutet-jetzt-mentale-staerke

Quelle:

Mental stark am Berg von Maya Lalive und Jan Rauch

© Barbara Saxl (Juni 2020)


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