Ecuador Teil 2 – Windstille kennt man nicht

06.08.2019-09.08.2019

Tag 5

Nachdem sich alle Teilnehmer der Gruppe über Nacht von den Strapazen des El Corazon erholt hatten, konnten wir am nächsten Morgen im Wintergarten unserer Hosteria ein wunderbares Frühstück genießen. Um Zehn Uhr verließen wir dann unsere Unterkunft und fuhren zum Ausgangspunkt für die Besteigung des Illiniza Norte, unserem ersten 5000er in Ecuador.

Dort angekommen, trafen wir uns mit unseren Köchen und luden das komplette Gepäck um. Hier muss ich wohl anmerken, dass das Reisen in solch organisierten Gruppen schon die ein oder andere Annehmlichkeit mit sich bringt. Wir mussten nur das Tagesgepäck bis zum Zeltlager tragen. Essen, Schlafsäcke, Zelte usw. wurden alles hochgefahren.

Als wir dann den Eingang zum Nationalpark passierten schloss sich unserer Gruppe ein schwarzer Hund an, wir nannten in Nero. Der Aufstieg bis zum Lager war sehr einfach, größtenteils bewegten wir uns auf der Fahrstraße. Dort angekommen richteten alle ihre Schlafplätze ein und konnten in aller Ruhe auf 4000m Kaffee trinken. Anschließend stiegen wir noch 200hm auf, um die Akklimatisierung voranzutreiben. Hier schloss sich uns dann noch ein zweiter Hund an. Diesen tauften wir Einzahn, da ihm ein Reißzahn fehlte. Zu Abend bekamen wir wieder ein herrliches Abendessen aufgetischt und kurz danach verzog ich mich in den Schlafsack. Nach Sonnenuntergang sinken die Temperaturen doch sehr rasch und in der Nacht hatte es kaum mehr als 0 Grad.

Unser „Basecamp“ auf 4000m, links im Hintergrund kann man Cotopaxi erblicken.

Tag 6

Als wir um 5 Uhr morgens die Zelte verließen kam sogleich die Ernüchterung. Nach gestriger klarer Sicht war der Illiniza Norte heute mit Wolken verhüllt. Mit den noch nicht verblassten Erinnerungen vom El Corazon graute es mir dann ein bisschen vor dem Aufstieg. Kaum hatten wir das Lager verlassen, peitschte uns wieder nass-kalter Wind ins Gesicht und der Nebel legte sich über uns. Auf einen aussichtsreichen Tag wagte ich nicht mehr zu hoffen. Angekommen auf der Seitenmoräne, die hoch zu Hütte führt, quälten mich dann auch noch Magenkrämpfe. Dadurch fiel ich in der Gruppe auch etwas zurück und es kamen leichte Zweifel auf.

Auf der Hütte angekommen (ca. 4800m) legten wir wieder eine Pause ein und so konnten wir uns bei einer Tasse Tee bzw. Kakao wieder aufwärmen. Auch meine Beschwerden hatten sich wieder gelegt und so konnte ich doch dem Gipfel mit etwas mehr Zuversicht entgegenblicken.

Nero und Einzahn waren auch mit dabei und ließen sich von dem Wetter nicht unterkriegen. Das ein oder andere Mal musste man jedoch gut aufpassen, denn weder Nero noch Einzahn nahmen in engeren Passagen viel Rücksicht auf uns und zwängten sich an einem vorbei.

Bei ca. 5000m riss das Wolkenmeer überraschender Weise immer wieder auf, so bekamen wir noch ein paar Sonnenstrahlen ab und die Sicht verbesserte sich deutlich. Anschließend folgte eine richtige Genuss-Kraxelei und so erreichten wir mit den Hunden den Gipfel des Illiniza Norte auf 5126m.

Nach ein paar obligatorischen Gipfelfotos starteten wir den Abstieg über die Nordseite und konnten über eine Schotterreibe schnell ein paar Höhenmeter abwärts meistern. Im Lager angekommen empfingen uns die Köche schon mit einer herrlich warmen Suppe. So gestärkt war der letzte Streckenabschnitt bis zum Eingang des Nationalparks kein Problem und wir konnten in unsere nächste Unterkunft weiterfahren.

Nero und Einzahn beobachteten uns ganz genau beim Abstieg. Gipfelsieg auf über 5000m mit tierischer Begleitung.

Tag 7

Heute stand eine gemütliche Wanderung zum Zentralgipfel des Ruminahui’s mit 4614m an. Das Gebiet um den erloschenen Vulkan gilt als eines der Artenreichsten im Hochland. Hier hat man die besten Chancen Kondore zu sehen und wir hatten das Glück eine ganze Familie beobachten zu können. Kurz vor unserem Ziel war wieder eine leichte Kraxelei zu bewältigen und glücklicherweise hing dieser Gipfel nicht in den Wolken. Nichts desto trotz hatte der Wind wieder eine sehr unangenehme Stärke und so verblieben wir nicht lange am höchsten Punkt. Den Abstieg konnten wir wiederum aufgrund einer Schotterreibe schnell bewältigen, nur der aufgewirbelte Staub in Kombination mit dem Wind war unangenehm.

(Endlich) Ein wundervolle Ausblick vom Ruminahui, im Hintergund ist der formschöne Vulkan Cotopaxi.

Tag 8

Nun ist das Hauptthema die finale Vorbereitung für die Besteigung des Cotopaxi. Da nicht alle in unserer Gruppe über die gleiche Hochtourenerfahrung verfügten, stand dieser Tag im Zeichen eines Gletschertrainings. Wir fuhren mit dem Bus bis zum Hauptparkplatz der José Ribas-Hütte, dieser befindet sich etwa 200hm unterhalb. Der Anstieg zu Hütte, die sich auf 4800m befindet, war sehr anstrengend. Wieder mussten wir gegen starken Wind kämpfen. Nach einer kurzen Pause im inneren der Hütte machten wir uns auf den Weg zur Gletscherzunge. Diese war glücklicherweise auf der windabgewandten Seite und so konnte jeder von uns in Ruhe die Steigeisen anziehen und alles je nach Bedarf mit Pickel, Eisschraube etc. üben.

Die aschgraue Gletscherzunge des Cotopaxis war unser Spielplatz.

Wir kehrten schon am frühen Nachmittag in die Unterkunft zurück und so konnte ich noch ganz in Ruhe meine Ausrüstung durchgehen und packen.

Auch stieg meine Nervosität wieder deutlich an. Zwar konnte ich im Mai unter sehr widrigen Bedingungen den Elbrus besteigen, doch schaffte ich es nicht aus dieser Erfahrung mehr Vertrauen zu schöpfen. So grübelte ich doch einige Zeit darüber; ob alles gut gehen wird, ob ich es schaffen werde, wie das Wetter ist etc.

Gerade der Wetterbericht ist für Ecuador auch ein spezielles Thema. Allzu gut verlassen kann man sich nicht darauf und die generelle Devise ist doch oft: „Gehen wir dann sehen wir schon“. Da es auf den höchsten Gipfeln in Ecuador mit Windchill selten unter -15°C hat, funktioniert dieses System im Grunde sehr gut und ohne Erfrierungen.

Wie es mit der Besteigung des Cotopaxis gelaufen ist, erfährt ihr im dritten Teil.

© Barbara Saxl (Oktober 2019)

Christian Bendler

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