Die Realspitze – mit kurzem mentalen Aussetzer

16.04.2021

Endlich Sonne!

An einem sonnigen Freitag verschlug es Christian und mich nach Hintertux zum Schitouren gehen. War dies der erste richtig sonnige Tag in Nordtirol nach mehreren Tagen mit Niederschlag. Dies versprach jedoch gleichzeitig einiges an frischen Pulverschnee.

Wir entschieden uns mit der Bahn hoch zum Tuxer Ferner Haus zu fahren und von dort unsere Tour zu starten. Die Temperaturen waren noch recht unterdurchschnittlich für die Jahreszeit, aber die ersten Sonnenstrahlen konnten unsere Gesichter schon wärmen.

Der Hohe Riffler in seiner Pracht. Erste Spuren ziehen schon hoch zum Gipfel

Die Tour beginnt

Zu Beginn steigt man wenige Höhenmeter linkshaltend noch auf, um dann wieder ein Stück abzufahren. Wir entschieden uns für die „faule“ Variante und fuhren mit den Fellen auf den Schi durch 30cm Neuschnee.  Danach geht es immer weiter Richtung Hoher Riffler. Eine traumhafte und unberührte Landschaft erstreckte sich vor uns, dies lässt natürlich das Schitouren-Herz höher schlagen. Nach etwas mehr als 1,5 Stunden erreichten wir schon den Gipfel des Hohen Riffler. Die Aussicht war ein Traum, keine Wolke versperrte einem die Sicht und der Blick hinab zum Schlegeis-Stausee war sagenhaft. Jedoch merkte ich zu diesem Zeitpunkt schon, dass meine Füße müde sind, dies war ja schon unser dritter Tag in Folge auf den Schi.

Die Spurarbeit erledigten andere.

Da kündigt sich etwas an

Nach einer kurzen Rast starteten wir die Abfahrt Richtung Federbettkees. Durch traumhaften Neuschnee zogen wir unsere Spuren. Auf einer Höhe von ca. 2700m hieß es dann wieder auffellen. Nun steigt man immer Richtung Napfspitze auf und überquert die Scharte leicht rechts daneben. Hier musste ich inzwischen schon etwas mehr mit mir kämpfen, machten sich meine müden Beine und die dünnere Luft immer mehr bemerkbar. Fragen wie „Soll ich da wirklich noch hoch? Kann ich das noch? Habe ich dann noch genug Kraft für die Abfahrt?“ drängten sich mir immer mehr auf. Christian versuchte mich weiter zu motivieren und so schob ich meine Gedanken fürs Erste beiseite. Bei der Scharte angekommen rutschte ich jedoch auch noch aus und so konnte sich das Gefühl der Unsicherheit in mir weiter ausbreiten.

Auf den letzten Metern hoch zur Realspitze ist das felsdurchsetzte Gelände gut zu erkennen.

Beim Blick hoch zur Realspitze sah man dann, dass die ersten Meter der Abfahrt vom Gipfel etwas anspruchsvoller sind, denn es ragten noch einige größere Steine aus der Schneedecke hervor. Nichtsdestotrotz wollten wir an dem Ziel festhalten und so mühte ich mich Schritt für Schritt hoch.

Ein mentaler Aussetzer

Am Gipfel angekommen, kippte bei mir jedoch die Stimmung. Die anfängliche Unsicherheit schlug in Zweifel um. In diesem Augenblick glaubte ich, niemals da hinunter fahren zu können. In meiner Vorstellung waren die Steine nun so nahe zusammen, dass man sehr enge Kurven durchfahren müsste. Normal kein Problem, jedoch glaubte ich, dass meine Kraft in den Beinen dafür nicht ausreichen würde.

Christian versuchte mich dann aus meiner Gedankenwelt rauszuholen und erinnerte mich daran, dass ich schon weit schwierigere Abfahrten problemlos gemeistert habe. Weiters versuchte ich mich mit tiefen Atemzügen selbst zu beruhigen. Anschließend einigten wir uns das Christian die ersten Meter der Abfahrt direkt vor mir bleibt und so überwanden wir die Stelle problemlos und meine Horrorvorstellung löste sich in Luft auf.

Anschießend konnten wir die restliche Abfahrt beide noch in vollen Zügen genießen und kamen mit zwei 3000er im Gepäck im Tal wieder an.

Endlich geschafft!

Schwache Tage erlebt jeder

Trotz Training im mentalen Bereich kann es jedem passieren solche Aussetzer zu erleben. Gerade selbst verursachter Stress, Müdigkeit und Unsicherheit führen häufiger dazu. Das Wichtigste jedoch ist es, bei sich selbst zu erkennen, dass man gerade so einen Aussetzer erlebt. So kann man dann mit speziellen Techniken (z.B. Atmung) dagegen steuern und von dem Modus Handlungsunfähigkeit zu dem Modus Handlungsfähig wieder zurückwechseln.

© Barbara Saxl (April 2021)

Christian Bendler

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